T – Treppenthrillogie

Treppengetrappel

Welche Treppe magst du heut‘ besteigen

welchen Grund will deine Sohle spüren

soll es die knarzend‘ Planke sein

mit abgestoß’nen Stufen

oder sinkt dein Fuß ins Rot

von weichem Teppichsamt

der eisig glatten Marmor deckt

trägst dein Kinn hochgereckt

stolzierst mit Prunk und Gloria

deinen Blick empor gerichtet

himmelshohe Zukunft suchend

 

Das Geländer lädt dich ein

schmiegt sich leicht

in deine fassend‘ Hand

sind die Stufen flach und tief

für schnellen kleinen Schritt

sind die Stufen hoch und kurz

für bedächtig großen Tritt

wenn du nach Atem ringend

inne hältst und stille stehst

keinesfalls um zu verweilen

nur für neuen Schwung im Steilen

 

Drängend aufwärts strebend

fiebernd fortschreitend

zieht es dich zum Ziel

bis zur letzten Stufe

wo es kein Weiter gibt

jeder Weg hinauf

führt dich irgendwann hinab

oben lockt die Übersicht

unten lauert Tiefsicht auf

Schicht für Schicht

tauchst du in Verborgenheit

 

Füße tasten zaghaft

Knie gebeugt und Kopf gesenkt

dein Blick reicht nur

zur nächsten Niederstufe

jetzt bloß nicht

straucheln taumeln stürzen

wo Kellerkälte klirrt

wo Geister gar gastieren

nein hier ist keine Bleibe

bist du erst ganz unten

geht es nur nach oben

 

tritt ein tritt aus

Treppengetrappel

Kein Ort

Die Treppe ist kein Ort

sie ist von andrer Sort‘

wo niemand steht

wo ein jeder geht

 

Mit schnellen Schritten

mit festen Tritten

manche gefasst

manche mit Hast

 

Die Treppe ist kein Ort

sie ist von andrer Sort‘

sie ist ein Seelenschweben

und das nennt man Leben

treppen eindruck

diese stufen

haben manchen

fuß getragen

gebogen sind sie

unter last

von schatten

gebröckelt ist

der tritte spur

auf ihrem weg

nach oben

wo ein weißes licht

endlich ankunft

wem verspricht

farbe blättert

trocknet aus

bleicht erinnerung

ein geländer ohne

hände die sich

daran hielten

wer wagt nun

den schritten

der gespenster

nachzueilen

der verheißung eines

aufstiegs auf

ungewissen stufen

sinkend steinern

ihren standpunkt haltend

unverrückbar

eindrucksvoll

Treppen ABC

Es gibt Treppen

die sind abgewetzt

die sind breit

die sind cineastisch

die sind dauerhaft

die sind elegant

die sind funktional

die sind gerade

die sind hässlich

die sind ideal

die sind jämmerlich

die sind königlich

die sind lang

die sind monumental

die sind niedlich

die sind ominös

die sind pomporös

die sind quadratisch

die sind rustikal

die sind steil

die sind trittfest

die sind universal

die sind vertikal

die sind wacklig

die sind xenophil

die sind ying &yang

die sind zeitlos

die sind ändlos

die sind beispielhaft

die sind charmant

die sind dienlich

Extrastufe:

Wollt ihr Treppen auf der Leinwand sehen

könnt ihr tüchtig auf den Link hier gehen:

Panzerkreuzer Potemkin (1925)

Wer will mehr nach Liebe schmachten

der sieht Rhett nach Scarlett hasten

Vom Winde verweht (1939)

Bonus (18. Juli):

abgründige Treppe

14 Antworten auf „T – Treppenthrillogie“

  1. Liebe Ulrike
    Was für eine wunderbare Treppensammlung. Bild und Wort ergänzen sich, Stufe um Stufe. Ich steige mit Dir in Deine Gedanken, schwelge durch die Epochen und fühle mich inspiriert, über Treppen nachzudenken.
    A propos knarzende Treppen: Kürzlich sah ich im Kino A Quiet Place
    https://www.youtube.com/watch?v=YnHwOn7Sr44 ein toller Film mit Aliens, eine gelungene Studie wo eine knarzende Treppe enorme Spannung bewirkt. Kann ich nur empfehlen!
    Danke für Deinen Stairway to Heaven 🙂
    Herzlich, Urs

  2. wow , woW, wOW, W0W ! Wie wunderbar gedacht , gedichtet , bebildert – beflügelnd! Diese Verse werde ich noch öfter lesen, meine Augen klettern gerne über diese Zeilen auf und ab. Merci! 🙂

  3. Liebe Ulrike,

    Treppenworte, Stufenblicke, knarzende Gedankenwelten, mal mit und mal ohne Geländer, verlorene Schritte zeichnest du nach und vor und zurück, ich folge dir treppauf und treppab und möchte niemals aufhören damit….

    Hedda

  4. Liebe Ulrike,
    wer jemals behauptet, eine Treppe sei nur eine Treppe, sollte unbedingt Deinen Post lesen. Du führst uns treppauf, treppab zu den unglaublichsten Treppenorten. Mich faszinieren die „Schnecken“treppenhäuser am meisten und Du hast sie so gekonnt fotografiert, dass man sich unwillkürlich in das Bild hineingezogen fühlt.
    Liebe Grüße
    Anne

    1. Vielen Dank liebe Anne! 🙂 Ja, die Schnecken mag ich auch sehr gerne. Bei der steinernen Wendeltreppe war sie sogar doppelt gewunden, das habe ich bisher nur einmal gesehen (das war in Graz).

  5. Liebe Ulrike,

    vielen Dank für Stufe um Stufe!
    Am meisten gefangen nahm mich jener Treppenabsatz:
    „jeder Weg hinauf

    führt dich irgendwann hinab

    oben lockt die Übersicht

    unten lauert Tiefsicht auf

    Schicht für Schicht

    tauchst du in Verborgenheit“

    Da habe ich genießend und nachsinnend die Stufen mehrmals genommen. 🙂

    Liebe Grüße
    Mo…

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