Ich bin mal wieder in Berlin auf Erkundung gegangen und habe den Schwerbelastungskörper entdeckt. Der 1941 von den Nazis errichtete Beton-Druckkörper sollte die Tragfähigkeit des Bodens für einen monumentalen Triumphbogen testen, der Teil eines bombastischen „Germania“-Städtebaukonzepts von Generalbauinspektor Albert Speer war.
Dieses Bauwerk mit Vergangenheit hat einen gewichtigen Eindruck auf mich gemacht und sich dann in diesem Gedicht ausgedrückt.
Schwerbelastungskörper
Gigant Germania
türmst dich auf vor mir
beschwerst meinen Gang
du fesselst meinen Fuß
auf poröser Prachtpromenade
die niemals gebaut
die keiner je geschaut
Brunnentiefer Betonkoloss
Burg ohne Bewohner
blockierst meinen Blick
bist gegossener Größenwahn
faschistische Futurfabel
erhebst dich zum grausigen Gruß
aus Zeiten vor meiner Geburt
Speerspitze der Architektur
sollte hier entstehen
sagenhafte Säulen für Sieger
dies erstarrte Experiment
verdammt meine Vorväter
euer ewiges Vermächtnis
liegt in diesem Verlies
Tragfähigkeit im Test
gestern auf altem Boden
heute auf jungen Schultern
stemmen nun dies Schwergewicht
aus Urtrieb zur Unsterblichkeit
zwanghaft und mit Zwang
erbaut für tausend Jahre
Ich gehe tausend Schritte
rechtsherum und linksherum
kreisend ohne Ziel
Brombeerhecken kratzen
nutzlose Narben in fahle Fassade
monumentale Steine schweigen
versunken in Verlassenheit
Ich trete ein durch dicke Wände
in diese hohle Höhle
mit stürzendem Schacht
in ungewisse Dunkelheit
runde Fensteraugen
blicken blind ins Grüne
doch Geister gibt es keine
Gewissensbisse aus Granit
befallen bußwillige Besucher
Stein der jeder Sprengung trotzt
gemeißeltes Geschichtsgesicht
Gedächtnis in Beton geschlossen
geöffnet in diesem Gedicht
verliere niemals dein Gewicht