Anna, eine Mitstudierende aus meinem Studiengang „Biografisches und Kreatives Schreiben“ (BKS) an der ASH Berlin, hat zu einer Blogparade eingeladen. Das Thema lautet: „GESCHAFFT“. Gerne reihe ich mich mit diesem Beitrag in die Parade ein.
Was habe ich in letzter Zeit geschafft? Da fällt mir sofort mein Roman „Bei Stromausfall Liebe“ (früherer Arbeitstitel: Blackout) ein. Seine Ursprünge hat die Geschichte in der Romanwerkstatt meines Studiums im Sommer 2018 – dort habe ich das Setting des Stromausfalls in Frankfurt am Main und die Figuren entwickelt und die ersten 15 Seiten geschrieben. Im November unter dem Ansporn des NaNoWriMo ist meine Geschichte an 30 sehr intensiven Schreibtagen zu einem vollständigen Roman gewachsen. Ein paar letzte Szenen Anfang Dezember und fertig war die erste Fassung.
Im Januar habe ich das Manuskript an Testleserinnen und -leser gegeben und von dreien ein sehr detailliertes und hilfreiches Feedback bekommen. In den letzten zwei Wochen habe ich mich dann in die Überarbeitung gestürzt. Hier habe ich den barocken Überschwang an Bildern und Metaphern heraus gestrichen und auch sonst versucht, Dialoge zu straffen und Füllwörter und inhaltliche Wiederholungen zu eliminieren.
Das war eine ganz schön intensive Arbeit am Text, nicht ohne Schmerzen. Die Devise von Steven King: „Kill your darlings“ ging mir ständig durch den Kopf – ja, manchmal sind es gerade meine Lieblingsformulierungen, die der Schere zum Opfer fallen müssen. Dann habe ich noch ein bisschen am dramatischen Aufbau gerückt (einige Szenen zu Beginn in der Reihenfolge vertauscht, so dass die Hauptfigur Natasha im Einstieg präsenter ist). Und zu guter Letzt habe ich noch eine kleine Szene hinzu geschrieben, in der der Wiener Witwer (den man sonst nur durch seine Briefe kennenlernt und in einer Begegnung in einem Lebkuchenladen mit Banker Robert) in der Neuen Altstadt mit Yul, dem jungen Fahrradkurier, zusammen trifft – diese Verflechtung der Figuren hat meinen Testleser*innen gefallen und deshalb habe ich einen Nachschlag davon spendiert.
Dann war mein Manuskript bereit für den nächsten großen Schritt: Vor ein paar Tagen habe ich mein Werk (nebst Exposé, an dem ich auch ganz schön getüftelt habe) an einen etablierten Berliner Literaturagenten und an eine Agentin bei mir aus der Nachbarschaft gesendet. Jetzt heißt es abwarten und hoffen. Wird mein großer Traum von einer Veröffentlichung in einem Publikumsverlag irgendwann wahr werden? In einigen Wochen werde ich professionelle Einschätzungen zur Qualität und Vermarktbarkeit meines Manuskripts bekommen. Bin sehr gespannt! Immerhin habe ich es bis hierhin GESCHAFFT.
Meinen Schaffensprozess habe ich in einem Gedicht ausgedrückt, das ich der sprachlichen Einschränkung („contrainte“) unterworfen habe, dass in jeder Zeile mindestens ein Wortelement aus GE-SCH-AFFT vorkommen muss – mit kleiner orthographischer Freiheit. Viel Vergnügen:
Ge-sch-afft
Ich habe geträumt von einer Geschichte
gespickt mit heldenhafften Figuren
gewürzt mit schurkenhafften Spielern
habe meine Ideen gewogen und verschoben
habe geschrieben und geschrieben
habe mich zu zuweilen gewunden und geschunden
aus meiner Schreibtischhafft sind
Buchstaben geflohen auf gebleichtes Papier
mal geisterhafft mal meisterhafft
haben sich beispielhafft verbunden
zu gesunden runden Gestalten
gestrickt von Masche zu Masche
zu einer romanhafften Handlung
bis zum gebührend glaubhafften Finale
Geschafft?
Nein, noch war nicht alles gelungen
habe alle Wörter gewendet und geräumt
gestrichen und gebrannt bis zur Asche
was zu bildhafft und zu geladen
klischeehafft und gebläht
Nun liegt das Werk seitenhafft vor mir
Eine Frage bleibt geflüstert und gerufen:
Gefällt es meiner Leserschafft?