Verlobung auf dänisch-norwegisch (NaNoWriMo)

In der dritten Woche  bin ich in einen guten Schreibschwung gekommen. Ich schaffe an den meisten Tagen zwischen 1.700 und 1.900 Wörtern – liege damit über dem Tagespensum von 1.667 Wörter – aber um meinen  schwachen Start  der ersten zwei Wochen aufzuholen, reicht es nicht aus – aber mein neues Ziel lautet ja sowieso 40.000. Zurzeit liege ich bei 33.000 Wörtern (144 Normseiten) – ich kann das also in den nächsten 6 Tagen gut schaffen.

Inhaltlich bin ich immer noch bei Caroline im Winter 1933 bis Frühling 1934 und ihrem Kennenlernen mit dem Kapitän. Am Freitag hatte ich einen echt guten Lauf mit dem Erzählen ihres Verlöbnisses.

Als nächstes steht natürlich die  Hochzeitsfeier an (dazu habe ich dänische Hochzeitsbräuche recherchiert – wirklich witzig, was es da alles gibt – zum Beispiel schneidet die Braut ihrem Bräutigam die Zehenspitze der Socken ab – früher musste sie diese dann wieder annähen und den Hochzeitsgästen damit ihre hausfraulichen Fähigkeiten  beweisen). Aber am Samstag war ich dann so blockiert vor der Aufgaben, die Hochzeit nun als kleinen dramaturgischen Höhepunkt besonders toll zu beschreiben, dass ich an diesem Tag kein einziges Wort zu Papier gebracht habe (was meiner Wörter-Statistik einen weiteren Tiefpunkt verschafft hat).

Am Sonntag ging es dann wieder (habe mich schreibend in Hochzeitskleid-Diät und andere Vorbereitungen gestürzt)  heute ist der Polterabend dran – ich zögere das große Ereignis ein bisschen heraus…

Seil, Knoten, Gebunden, Verdreht, Boot, Nautik, Meer

Halbzeit im NaNoWriMo – Eiszeit für Wörter – 40 ist die neue 50

Zum dritten Mal stelle ich mich im November wieder der Herausforderung des National Novel Writing Month (NaNoWriMo) – einen Roman mit mindestens 50.000 Wörter in 30 Tagen zu schreiben – und heute ist Halbzeit (Tag 15). Meine Bilanz: Ich trage hechelnd die rote Laterne und habe den Anschluss ans Feld verloren. Mein täglicher Wordcount kommt an vielen Tagen kaum über 500 Wörter hinaus, an zwei Tagen habe ich genullt. Manchmal schaffe ich die 1.667 Wörter des Tagespensums – lege mich zufrieden ins Bett (nach Mitternacht – denn ich schaffe den Kraftakt des Schreibens meistens erst nach 20 Uhr) – nur damit der Wörterkampf am nächsten Morgen wieder von vorne anfängt. Hinzu kommt, dass ich ständig mit meinen körperlichen Beschwerden (starke Kopfschmerzen) zu kämpfen habe, was die Schreiblust nicht gerade erhöht.

Für das Soll-Pensum brauche ich 2 ½ bis 3 Stunden reines Schreiben. Meistens versuche ich, vor dem Mitagessen eine 45 Minuten-Session zu machen – wenigsten 600-800 Wörter, damit ich am Abend innerhalb von 2 Stunden die fehlenden 1000 Wörter hinbekomme. In der Zwischenzeit gehe ich viel spazieren und denke ein bisschen über meine Geschichte nach (aber meistens entwickelt sich die Handlung beim Schreiben selbst).

Und worüber schreibe ich: Meinen Antarktis-Frauenroman habe ich schon im Mai diesen Jahres entworfen und eine Exposé plus 20 Romanseiten für das Berliner Autorenarbeitsstipendum eingereicht (bisher noch nichts gehört, ich rechne mit einer Absage). Vielleicht ist es ja dieser Umstand, dass ich das Konzept schon recht gut ausgearbeitet habe, was mich jetzt so hemmt – ich habe jedenfalls keine Lust, meinen „Fahrplan“ abzuarbeiten.

Also habe ich am ersten Tag einfach mit einem Brief der jungen Caroline Mikkelsen an ihre Lieblingsschwester begonnen (diese habe ich Elin genannt – übrigens ist die Webseite für dänische Vornamen die am häufigsten von mir aufgerufene – ich brauche ständig neue Namen – am zweit häufigsten suche ich nach Rezepten, denn meine Heldin nascht gerne süße Sachen und muss auch für ihre Schwiegermutter ein nordisches Fischgericht zubereiten). So beginnt der Brief: Sandefjord (Norwegen) im Sommer 1934, die 27-jährige Dänin Caroline ist frisch mit Kapitän Mikkelsen verheiratet (den sie kaum kennt und der 19 Jahre älter ist als sie) und muss sich in ihrer neuen Heimat zurecht finden.

In der Briefform ist es mir recht leicht gefallen, die Stimme dieser jungen Frau zu finden, die vertrauensvoll ihrer Schwester von ihren Gefühlen und Eindrücken erzählt (ich habe mich im Briefschreiben auch davon befreit gefühlt, „literarisch“ zu schreiben, Caroline schreibt von der Seele weg, sprunghaft, mit Zwischeneinschüben in Klammern und vielen Gedankenstrichen).

Dieses Konzept habe ich beibehalten und ich bin immer noch briefeschreibend bei Caroline, auch wenn ich mich immer wieder ermahnen muss, nicht von meinem Stil der ersten Tage abzuweichen (je länger ich schreibe, umso reflektierter drückt sich Caroline aus, ich streiche zwischendurch immer wieder zu „gehobene“ Vokabeln und Formulierungen).

In den ersten drei Tagen habe ich die Begegnung von Caroline mit der Familie Christensen beschrieben, die ihre Antarktisexpediton von 1935 beauftragen. In dieser Brieferzählung kam der Kapitän nur am Rande vor und obwohl ich Caroline mit (naiver) Bewunderung über ihn schreiben lasse, klingt doch sein herrisches Temperament durch und ich habe einen Geizkragen aus ihm gemacht (so kontrolliert er zum Beispiel Carolines Haushaltskasse).

Am Tag 4 habe ich mir überlegt, dass man so nicht nachvollziehen kann, warum Caroline diesen Mann geheiratet hat. Also bin ich zeitlich in das Jahr 1933 zurück gesprungen, nach Frederikshavn (Dänemark) und habe mich ausführlich in die Begegnung des Paares vertieft: Sie arbeitet im Büro ihres Onkels, der einen Fischgroßhandel betreibt, der Kapitän ist Zulieferer und kommt als Geschäftsparter ins Büro und so kreuzen sich ihre Wege. Dann gibt es ein erstes „Date“, außerdem taucht eine Konkurrentin in Person der Bürovorsteherin Fräulein Olsen auf.

In den letzten Tagen habe ich beschrieben, wie Caroline (mit zwiespältigen Gefühlen) die Einladung des Kapitäns auf einen Besuch in seine Heimatstadt annimmt (der seine Heiratspläne klar zu verstehen gibt, die Mutter von Caroline drängt ihre Tochter, auf das Werben des Norwegers einzugehen). Heute habe ich eine Szene begonnen, in der Caroline ihrer skeptischen Schwiegermutter in spe etwas vorkochen soll (was gründlich schief geht).

Bei alledem habe ich mich alleine von meiner Fantasie leiten lassen – die biografischen Informationen über Caroline Mikkelsen (später Mandel), die ich von ihrem Sohn und aus diversen Zeitungsartikeln gewonnen habe, sparen diese frühe Phase ihres Lebens aus.

In vielen Details fehlt es mir an historischem Wissen (z.B. wie waren die Häuser in Norwegen in den 1930er ausgestattet, wie war die Infrastruktur von Sandefjord, wie fuhren die Autos, welche Musik wurde gehört, welche kitschigen Frauenbücher wurden gelesen – meine Suche hierzu bei Google hat keine Treffer ergeben) und von der Ausstattung eines Walfängers ganz zu schweigen. Aber im Moment will ich mich davon nicht aufhalten lassen (ich schreibe einfach auf Geratewohl), die historisch korrekten Details muss ich dann in der Überarbeitungsphase einfügen bzw. berichtigen.

Ich werde nun erstmal so weiter machen und nicht versuchen, meinen Plot-Plan abzuarbeiten. Im Moment habe ich keine Lust (und keine Inspiration), zu meiner zweiten Protagonistin Jesse zu wechseln, der Journalistin in Australien, die sich im Jahr 1995 auf die Suche nach der ersten Antarktis-Betreterin macht.

Völlig klar ist, dass ich bis Ende November die Romanhandlung nicht (annähernd) zuende schreiben kann. Und den 50.000 Wörtern will ich auch nicht mehr hinterher hecheln (ich könnte es bei einem Tagespensum von ca. 2.100 Wörtern noch schaffen). Ich sage mir: 40 ist die neue 50.

Mein neues Ziel sind 40.000 Wörter (das kann ich mit dem regulären Tagespensum von 1.667 Wörtern schaffen – das ist schwer genug).

Meine ernüchternde Statistik

PS: Die 925 Wörter dieses Blog-Artikels füge ich als Autorinnenreflexion in mein Romandokument ein – diese werden gnädig für heute mitgezählt.

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