Eilmeldung – Sonnenblumen-Rondell von Wahlplakat annektiert

Karlshorst, 8. August 2017, 22:07 Uhr

Mit der Gießkanne in der Hand nähere ich mich im Dunkeln meinen Zöglingen und erstarre: Ein überdimensionales Wahlplakat ragt mitten aus dem Rondell. Dann eile ich näher und bin erleichtert – die tapferen Sonnenblumen stehen noch unversehrt beieinander und wiegen nervös ihre langen Hälse.

Heute morgen schaue ich mir die Szenerie bei Tageslicht an – nein, es war kein Nachtspuk.

Mein kleines Banner mit dem Bekenntnis zur Sonnenblumenliebe wirkt durch das riesenhafte Plakat erdrückt.

Ich sollte dort ein weiteres Schild aufstellen:

Wahlrecht für Sonnenblumen!

Sie hatten offenbar keine Wahl, ob sie ihr Rondell mit dem Politiker teilen wollen. Jetzt müssen sie aber das Beste aus ihrer Koexistenz machen…

Der ungebetene Mitbewohner lächelt scheinbar wohlwollend auf sie herab – stellt sie aber ziemlich in den Schatten.

Er thront hier erst seit wenigen Stunden – zur Mittagszeit bin ich dort vorbei spaziert und da herrschte noch unschuldiger Sonnenschein – und am selben Abend schon hat jemand dem Anzugträger „Volksverräter“ auf die Stirn geschrieben.

Ich hoffe sehr, dass der Wahlkampf nicht zwischen meinen Sonnenblumen ausgetragen wird. Immerhin steht dort kein AfD-Plakat – das hätte die entmündigten Blumen bestimmt in den Untergrund oder ins Exil getrieben.

Ich muss den Plakataufstellern zugute halten, dass sie die mächtige Konstruktion so im Boden verankert haben, dass die Sonnenblumen davor ihr kleines Reservat behalten haben und auch nicht während der baulichen Maßnahme nieder getrampelt wurden. Rücksichtnahme oder Zufall.

Aber was passiert, wenn die Pflanzen dem Herrn über den Kopf wachsen? Werden sie dann um den selbigen kürzer gemacht?

Hier noch ein kleiner Rückblick:

Erst am Montag nach meiner Rückkehr aus dem Urlaub war ich erleichtert, meine Schützlinge frisch und stolz hochgeschossen wieder zu finden.

Allerdings musste ich schmerzliche Verluste beklagen. Ein Blumenfeind hat 2 Blumen rabiat umgeknickt, für sie kam jede Intensivmaßnahme zu spät. Ein drittes Opfer lag auch am Boden, aber weil der Stiel unverletzt war, konnte ich die Angeschlagene wieder hoch päppeln.

Widerstandsfähige Grüße aus dem Sonnenblumen-Reservat Karlshorst.

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